Montag, 21. Juli 2025

beherrschen oder verwalten

 

Wandert der befliessene Naturliebhaber vom dunklen Boden zum Oberdorf, wird er diese Stelle passieren: den Weg aus dem Wald bei der Donnertrommel. Dabei eröffnet sich ein atemraubendes Panorama. Der Blick auf Schafberg und Gulmen.

 

Es hat etwas Eigenes, den Flug des Schmetterlings in freier Natur zu beobachten. Sich Zeit zu nehmen, zu sehen, wohin denn seine Reise gehen könnte. Das unbeschwerte Geflatter widerspricht jeglicher Logik. Es ist mit keiner anderen Flugart vergleichbar.  Selbst der Spatz, wenn er auch kein eleganter Segler ist, flattert sich gerade vorwärts. Der Schmetterling aber fliegt mal links, mal rechts, mal nach oben und mal nach unten.

Er bewegt sich nicht entlang einer Linie.  

Er berührt diese höchstens, lässt seinen Flug aber nicht von ihr begradigen. Mit seinem lockeren Wesen verschafft er sich Freiheit und erfreut den Betrachter.

 

Auch die Generation nach dem zweiten Weltkrieg hat die gerade Linie verlassen. Die populäre Musik der sechziger hat einen unorthodoxen Stil angeschlagen. Laute Beats, wummernde Basslines und rauchige Rhymes. Kilometer weit hat sich ein Song aus den Sechzigern von der geraden Linie entfernt, um gegen den herrschenden Mainstream anzusingen:

Born to be wild.

Eine ganze langhaarige und ungewaschene Generation mit weiten Hosenstössen und blumigen Hemden hatte ein Hymne.

Was bitte schön? Oder wie? Wie kann ich wild sein, in diesem Leben hier. Das ganze Leben zielt darauf ab, ein fähiges Glied in der Marktwirtschaft zu sein. Eine Abweichung liegt da nicht drin. Wie kann ich etwas tun, das meinem eigenen Leben Freiheit verschafft?

 

Die Hippies der sechziger Jahre hatten die Linie verlassen. Sie hatten nicht vor, sich direkt und geradeaus zu bewegen. Darin eingebunden war eine kleine Minderheit. Es war auch die Zeit der Jesus People in Amerika. Während die Blumenkinder einfach nur das strenge Korsett der Gesellschaft abstreiften, wollten die Jesusjünger mehr. Sie kümmerten sich um ein neues Leben mit christlichen Werten. In der Schweiz hatten wir in den siebzigern die New Life Bewegung. Gestartet unter Drogenabhängigen in Zürich. (Man lese: Der Tod eines Gurus)

 

Schliesslich ist auch die Reformation der traditionellen Kirche im 16. Jahrhundert eine Bewegung, die sich nicht an die gerade Linie gehalten hat. Kirchen wurden gesäubert. Die Botschaft der Bibel wieder gepredigt. Zwingli forderte Glauben aufgrund der Predigt. Das katholische Sakrament war gefallen. Es entstand die reformierte Kirche. Nicht nur das. Es gab noch freiheitlicheres Geflatter: die Wiedertäufer. Das 16.Jahrhundert birgt auch den Kern der Glaubensfreiheit. Es entstanden die ersten Freikirchen.

 

Und so möchte ich als postmoderner Mensch die Frage stellen: „Wo könnte ich wieder die gerade Linie durchbrechen. Was täte mir gut, wo könnte ich den Mainstream verlassen?  Neben der Linie fliegen, wie es der Pipolder macht. Vielleicht ist der Blick in die eigene Vergangenheit gut. Welcher Zeitgeist, welche Bewegung hat mich am meisten geprägt? Habe ich auch mal begonnen, neben der Linie zu tanzen? Und hat mich schon lange wieder der breite Sog des Mainstreams im Griff?

 

So ist vielleicht nicht alles in der Jugend Begonnene mit schlechtem Ziel behaftet. Vielleicht bin ich ein Konsum-Kind, oder ein Gottes-Kind; ein Hippie- oder ein Bürgerkind, vielleicht ein Zuschnitt der Siebziger oder Achtziger; ein Arbeiter- oder Elitekind.

 

Als Schwendiseewart blicke ich den fünften Sommer von der Naturstrasse zum dunklen Boden über die Moorseen. Oder bei der Donnertrommel über die Weide zum Gulmen. Um zu beobachten, was der Falter anders macht. Oder die Jodler, die bald ins Klanghaus ziehen.

Ich entscheide über den Weg, den ich gehe, arbeite ohne Plan, gehe kapriolenartig vorwärts, die Natur vor Augen, die ich verwalten soll, ohne sie zu beherrschen.

Ich bringe das Holz, verräume den Güsel, repariere die Instrumente, rede mit den Leuten. So wirke ich ein wenig der stetigen Profitorientierung entgegen. Immer vor Augen, das Wunder des Schwendisees und: die Bewahrung der Schöpfung.

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