Samstag, 22. Mai 2021

Mai der 22.

 

In den von Wald überzogenen obertoggenburger Alpen liegt noch an manchen Stellen das Weiss. Der Besucher des Klangwegs trifft hie und da auf einen Rest des ausgehenden Winters. Die Resource des Schneesportlers liegt da wie ein von schlechter Laune entsorgtes Festkleid und verhindert ein zügiges Vorankommen. 

Der Schnee am hinteren Schwendisee ist jedoch endlich weg. Noch hat das Wetter aber keine Lust auf die wärmere Saison.  Die Vorboten sind jedoch da: Die Wiese begrüsst die ersten Blumen, die Schwalben schwirren durchs Tal, Stockenten tümmeln sich nahe dem Ufer, Spaziergänger schlendern durch das erwachende Paradies.

Im Gleichschritt mit dem Regen denkt der Mai jedoch nicht daran das Quecksilber in die Höhe zu treiben. Für einmal langsam und träge treibt die Natur dahin.

In starkem Kontrast zur manchmal bewegungslos scheinenden Natur stehen die Bemühungen des Menschen; darauf bedacht, jeden Tag die gegebenen Stunden und Minuten effektiv zu nutzen. Die Zitrone zu pressen, solange sie frisch ist. Es kann regnen, wenn die Sonne scheinen sollte; es kann sommerlich während des Winters sein; der Mensch erhebt sich am Morgen, es sei hell- es sei dunkel, es sei frühe- es sei spät. Die Normalität des menschlichen Erdenlebens, kein Nachlassen, keinen Stillstand. Ein Treiben, ein Rennen, ein Arbeiten, ein stetiges Leisten.

Hat also die Natur etwas falsch verstanden? Denn sie scheint gerade zu stehen. Kein erkennbarer Fortschritt. Kann man das als die uneffektive Haltung der Schöpfung bezeichnen?

Die sich stetig ändernde Position der Erde gegenüber der Sonne ist der Taktgeber des Frühlingerwachens. Das Vorrücken auf der Bahn rund um unseren Zentralstern ergibt den Wandel der Zeiten. Wir können uns darauf darum verlassen; jedes Jahr wird es wieder Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Ein stetiger Lauf der Zeit. Ein harmonisches Gefüge. Es ist als wollte die Natur nur eines sagen: Ich bin nicht im Verzug, ich weiss, was ich tue, ist alles im Lot, alles hat einen Sinn. Sie ist irgendwie losgelöst vom menschlichen Willen.  Die Ausprägungen im Wandel der Zeit, können darum ein Geschenk des Lebens sein. Ein Hinweis der Ruhe; ein Hinweis für den Umbruch allen Lebens. Auch dafür steht die Natur. Auch das ist ein Teil der Gegend rund um den Schwendisee.

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