Freitag, 4. Juni 2021

Der erste Eintrag im Juni

 

Auf dem Bild: Der Singstein

Früh am Morgen sitze ich auf der Bank bei dem Instrument, das den Namen „Grosser Waldteufel“ trägt. Es steht gleich nach dem Singstein, wenn man den Klangweg vom Oberdorf her geht.

Milchig weiss überdecken flache Wolken Schafberg und Gulmen. Sie ziehen über das Gebirge hinweg nach Süden. Aus der Tiefe des Waldes dringt der frohe Ruf des Kuckucks. Links unterhalb des Weges grast friedlich ein junger Hirsch. Er entdeckt mich, hebt seinen Kopf und startet einen schwer einzuordnenden Warnruf: ein tiefes beinahe heiseres Schnarren; etwas zwischen dem Blöcken eines Schafes und einem absterbenden Motor mit der Länge eines Hustenanfalls. Aus dem Walddunkel oberhalb des Weges die Antwort; dasselbe schnarrende Geräusch. Das Röhren des Junghirsches eingewebt in das muntere Gezwitscher der Singvögel, nur durchbrochen vom düster dunklen Gekrächze schwarzer Krähen.

Dann die Geräusche kulturellen Lebens. Die munter den Weg entlangziehende Seniorenschar. Unbeschwertes Erzählen alter Geschichten von weit in der Vergangenheit liegender Zeiten. Strammen Schrittes verschwinden sie in der Ferne.

Die fröhliche Kinderschar auf Schulreise. Ein Durcheinander an Worten, ein Schwall an Lauten; gut zu hören über die ganze Gegend am Schwendisee. Endlich können sie einen Tag draussen sein, keine Verpflichtung, keine Aufgaben, nichts zu lernen, ausser von der Natur. Ich treffe sie später bei der Feuerstelle auf der Waldlichtung beim Moor.

Dazwischen der Hofhund, der angibt, der tiefeTon einer Kuhglocke, Kälber die rufen.

 Verschiedene Geräusche, die an diesem Morgen in der Wohnstube der Tiere erklingen. Und vor mir auf dem Weg die Aufbaute des grossen Waldteufels. Eine Trommel auf einem Baumstumpf. Am Fell hängt eine Feder. Fell und Feder sind durch eine Schnur mit einem faustdicken Stab verbunden. Dreht man am Stab, erzittern das Fell und die Feder. Es ertönt ein Schnarren nicht weit weg von dem des Junghirsches.

 So also scheint der Mensch den Teufel einzuordnen. Als ein schwer zu erkennendes Geräusch. Wie aber müsste man Gott einordnen, mit welchem Geräusch? Eine Trompete aus der Offenbarung? Ein Tosen wie auf dem galiläischen Meer? Oder doch nur ein Säuseln wie es Elia hörte?

Wir haben jedoch ein besseres Beispiel. Denn die Herrlichkeit des Herrn findet einen lebendigen Resonanzkörper. Es sind die freudigen Töne des Aufbruchs in den Herzen der Menschen, nach einer  langen Schlechwetterphase.

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